03.04.2023
Die zweite Chance
Wer sich für den zweiten Bildungsweg entscheidet, sollte Disziplin und vor allem den Willen mitbringen, sein Ziel zu erreichen. Denn als Erwachsener – egal ob neben dem Job oder in Vollzeit – erneut zur Schule zu gehen, erfordert Durchhaltevermögen, um sich alle nötigen Inhalte anzueignen und es trotz der Spontanität des Lebens bis zum Abschluss zu schaffen. Denn der Lohn ist groß: Das Zeugnis öffnet neue Möglichkeiten auf dem Arbeits- oder Bildungsmarkt und ist womöglich der Schlüssel zum Traumjob. Finanzieren kann man diese Phase mit Rücklagen, elternunabhängigem BAföG oder Bildungskrediten.
Potenzial ausschöpfen
Auf dem zweiten Bildungsweg kann theoretisch jeder Schulabschluss nachgeholt werden. Dafür stehen verschiedene Einrichtungen und Lernmöglichkeiten zur Verfügung. Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Schulformen. In Bayern spielen etwa das Abendgymnasium, das Kolleg oder das Telekolleg eine Rolle. Der Präsenzunterricht findet je nach Schulform entweder tagsüber, am Abend oder an den Wochenenden statt. Das kann eine Rolle spielen, wenn man den Schulabschluss berufsbegleitend nachholen möchte oder familiär stark eingebunden ist. Aber auch Fernlerninstitute bieten Schulabschlüsse an. Hier findet nur die Abschlussprüfung in Präsenz statt – diese könnte man auch ganz ohne Unterricht antreten, wenn man sich den Stoff selbst erarbeitet und damit sicher fühlt. Die verschiedenen Schulformen haben unterschiedliche Voraussetzungen: In den meisten Fällen wird aufgenommen, wer das entsprechende Mindestalter erfüllt und eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine regelmäßige Berufstätigkeit von mindestens zwei Jahren mitbringt sowie einen Schulabschluss oder die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat.
Möglichkeiten eröffnen
Besonders befähigte Berufstätige können die Hochschulreife direkt über eine sogenannte Begabtenprüfung erlangen. Zugangsvoraussetzung ist eine fünfjährige Berufstätigkeit nach vorangegangener Berufsausbildung. Die Zulassung wird streng geprüft. Da Hochschulen Studierende immer öfter auch ohne entsprechenden Abschluss, sondern mit beruflicher Vorbildung, annehmen, wird immer seltener von der Begabtenprüfung Gebrauch gemacht.
Wer den zweiten Bildungsweg erfolgreich beschreitet kann, nach drei bis vier Jahren einen Realschulabschluss oder das Abitur in der Tasche haben. Dieser öffnet weitere Türen – zu einem lang ersehnten Studium oder einer Ausbildungsstelle. Scham sollte niemand vor dieser Entscheidung haben. Im Gegenteil: Zukünftigen Arbeitgebern zeigt ein Abschluss auf dem zweiten Bildungsweg, dass Bewerber bereit sind, gesteckte Ziele zu erreichen und Leistung zu zeigen, um diese zu erreichen.