05.06.2024 ● OYA
Arbeitskräftemangel in Deutschland: Mehr arbeiten als Lösung?
In Deutschland herrscht ein Mangel an Arbeitskräften. Zugleich arbeiten die Beschäftigten im internationalen Vergleich weniger. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der hohen Erwerbsbeteiligung. Die notwendigen Maßnahmen würden auf der Hand liegen.
Deutsche Unternehmen kämpfen oft vergeblich um neue Mitarbeiter. Die bevorstehende Pensionierung der Babyboomer-Generation wird die Lage weiter verschärfen, da das Arbeitskräfteangebot noch knapper wird. Doch welche Maßnahmen könnten diesem Mangel entgegenwirken? Obwohl die Anwerbung qualifizierter Zuwanderer eine richtige Strategie ist, jedoch würde sie kurzfristig kaum umsetzbar sein.
Eine naheliegende Lösung wäre die Anpassung der Arbeitszeit. Vergleicht man die Situation mit anderen Industrieländern, zeigt es, dass in Deutschland noch viel Potenzial für eine Steigerung der Arbeitsleistung vorhanden ist. Es reicht jedoch nicht aus, nur die Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen zu betrachten. Wichtiger ist das Gesamtarbeitsvolumen der Volkswirtschaft, welches auch von der Erwerbsbeteiligung, dem Anteil der arbeitenden Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, abhängt.
Im Vergleich zu anderen europäische Wettbewerbern oder zu der USA schöpft Deutschland sein Arbeitskräftepotenzial weniger effektiv aus.
Die Erwerbsbeteiligung in Deutschland liegt zwar mit 77 Prozent über dem OECD-Durchschnitt mit 69 Prozent. Dies gleicht jedoch nicht die niedrige Pro-Kopf-Arbeitszeit von 1.341 Stunden aus. Eine Betrachtung beider Indikatoren zeigt, dass die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden pro Einwohner in Deutschland, im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2022 bei 1.031 Stunden lag. Dies bedeutet, fast 200 Stunden unter dem OECD-Durchschnitt.
Dadurch nutzt Deutschland sein Arbeitskräftepotenzial nicht nur wesentlich schlechter als die USA, sondern liegt auch hinter vielen europäischen Konkurrenten wie der Schweiz, den Niederlanden und Spanien zurück.
Deutlicher Rückstand zu Neuseeland
Der Unterschied zu Neuseeland ist besonders gravierend. Im Land der Kiwis kombinieren die Menschen eine lange Arbeitszeit von 1.748 Stunden pro Erwerbstätigem mit einer hohen Erwerbsquote. Würde in Deutschland ebenfalls so viel gearbeitet werden wie in Neuseeland, könnte das Arbeitsvolumen um 30 Prozent gesteigert werden. Angesichts der aktuell hohen Erwerbsbeteiligung in Deutschland würde es sinnvoll erscheinen, darauf hinzuwirken, dass die Beschäftigten länger arbeiten.
Dieser Ansatz könnte helfen, das volle Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen und den Arbeitskräftemangel in Deutschland abzumildern.